Ein wahrer Freund

Ein wahrer Freund,

frei gewachsen,
ein Erdbewohner in Baumgestalt,
mit sanfter Hand und starkem Fuß,
und drollig zarten Kinderaugen.

Friedlich und still liebäugelnd
mit Sonne, Mond und leuchtenden Sternen,
gänzlich gewärmt in Himmelblau,
streichelnd begleitet von reisenden Wolken,
geborgen im bloßen Schoße der Erde,
vertrauensvoll lauschend sorglos wandernden Winden,
spürend das Wunder des wirklichen Lebens,
tagein – tagaus,
jahrein – jahraus.

Weiser, wachsender Erdbewohner!

Schicksalhaft im Wandel ist dein Gewandt,
nun friedlich liegend zu Füßen im ländlichen Hof,
greisenhaft alt, Scheit für Scheit,
doch sagenhaft jugendlich duftend dein Mut.

Du gleitest gerade Stück für Stück beschwerlich durch müde Hände,
greifend all dein Leben,
all dein leiblich Leid in unermüdlich tugendhafter Tapferkeit.

Herzergreifend ist dein Sein,
so endlos majestätisch rein.
Wie die vom Schicksal geprägten Hände,
gezeichnet von Sonne und Pein
geschunden, umarmend erduldend die Wunden.

Dein Lebensduft –
Zeuge spürbar wurzelnder Wärme.
Was für ein Genuss –
Ehrwürdig glänzend und maßlos strahlend im täglichen Schein.

Du erzählst von glühender Dürre und kahlen Tagen in argen Qualen,
dich innig liebend, würdig verkündend, all die Tragik plagender Jahre.

Erinnerst an Lieder aus Kindertagen,
dich singend wiegend in lieblichem Windgesang,
deine Freiheit heimlich meisternd,
dich würdevoll weinerlich windend,
gepeinigt von eisigen Peitschenhieben,
stets mütterlich tröstend bei dir geblieben.

Im grünen Sommerkleid,
fruchtig süss geschmückt
sorgtest du väterlich schützend für lebendig kühle Frische,
die Schwere des Ärgers nehmend,
und heiter und leicht dein Lächeln gebend.

Du warst `ne Oase froher Gelassenheit für Mensch und Tier,
brüderlich sanft zu Zartgewächsen
und vertrauter Halt
für zaghaft kletternde Seelen
und abenteuerlich, anschmiegsame Lebenskünstler.

In tiefer Stille offenbarst du dein Sein beschaulich in Augenblicken,
augenblicklich erfüllt von heilender Klarheit und grenzenlosem Mitgefühl.

Scheit auf Scheit, verzierst du nun das große, alte Scheunentor,
dankend und tapfer wartend auf kalte Tage,
erhellend die triste Winterzeit im Schein heimischer Zufriedenheit.

Mit dem Anblick deiner Einzigartigkeit,
auf deinem Weg vom Kind zum Greis,
erfreust du die Welt – jeder Zeit,
mit deinem weisen Wandel auf dem Erdenreich.

Als wahrhaft, wahrer Freund dir selbst
und der schönen weiten Welt,
bist du einfach immer du selbst.

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